Vor fünf Jahren haben sich etwas mehr als zehn Personen zusammengetan und den Radlogistikverband Deutschland e.V. gegründet. Heute zählt der Verband über 80 Mitgliedsunternehmen. Wie Professor Jürgen Follmann der Hochschule Darmstadt in seiner Keynote bemerkte: „Manchmal muss man klein anfangen, um Großes zu schaffen.“
Bereits vier nationale Radlogistik-Konferenzen hat der Verband unter seiner Schirmherrschaft veranstaltet. Cargobike.jetzt war im vierten Jahr in Folge zuständig für die Organisation und den reibungslosen Ablauf der Konferenz, die dieses Jahr am 19. und 20. September in Darmstadt stattfand. Rund 180 Fachbesucher:innen, 20 Aussteller:innen sowie 35 Redner:innen nahmen an der Konferenz teil.
Dr. Christian Langhagen-Rohrbach, als Vertreter unseres Hauptpartners, dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen, betonte in seiner Begrüßungsrede die lange Tradition der Radlogistik. Schon Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Lastenräder eingesetzt, bis das Auto diese damaligen Fahrradmodelle für Transportzwecke verdrängt hat.
Radlogistik hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt, sie ist mehr als nur Lastenräder und Logistik. In der Tat zeigte das erste Panel der Konferenz, wie umfassend das Ökosystem der Logistik mit Lastenrädern ist – von der Forschung über Software und Hardware bis hin zur Infrastruktur. In all diesen Bereichen hat die Radlogistik viel zu bieten und bringt innovative Lösungen auf den Markt, wie unsere Aussteller auf der Konferenz den Besucher:innen beweisen konnten.
Das zweite Panel verdeutlichte, in wie vielen Bereichen Lastenräder eingesetzt werden können. Das Potenzial für Geschäftsmodelle und Kund:innen sei laut der Vortragenden noch lange nicht ausgeschöpft.
„Viele Kunden sind total überrascht, was alles mit dem Lastenrad transportiert werden kann.“
Mariana Schlaack von FULMO Kurierunion
Martin Seißler, Geschäftsführer von cargobike.jetzt, berichtete vom unternehmenseigenen Projekt „flottes Gewerbe“, bei welchem Betriebe dabei unterstützt werden, Lastenräder für einen gewissen Zeitraum im Alltag zu testen. Er konnte bildstark deutlich machen, wie vielfältig sich das Lastenrad einsetzen lässt.
So können Lastenfahrräder nicht nur für die Auslieferung von Produkten, von allgemeinen Lebensmitteln und Getränken, sondern auch für den Transport von Werkzeugen und Arbeitsgeräten für Handwerksbetriebe aus den Bereichen Elektrik, Sanitär, Landschaftsgartenbau etc. oder für Berufsgruppen aus Dachdeckerei, Stadtreinigung oder den allgemeinen Pflegedienste genutzt werden. Die Möglichkeiten warten darauf, ausgeschöpft zu werden.
Vor welchen Herausforderungen der Wirtschaftsverkehr in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Radinfrastruktur steht, war Thema des dritten Panels. Prof. Dr. Axel Wolfermann und Prof. Johanna Bucerius von der Hochschule Darmstadt verdeutlichten in ihrem Vortrag zum Projekt LieferadDA:
„Masse und Auslastung sind entscheidende Faktoren, um Lieferungen mit dem Rad wirtschaftlich zu gestalten.“
Laut Carina Heinz, Geschäftsführerin von supergreen GmbH, sollten neue Zusatzleistungen in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise Werbung auf den Lastenrädern. Kreativität sei gefragt und könne viel ermöglichen. Dies würde nämlich dazu beitragen, den Markt (mit neuen Geschäftsmodellen) zu erweitern und die Sichtbarkeit dieser Fahrzeuge erhöhen. Gerd Seber von DPD Deutschland GmbH betonte, dass Radlogistik vor allem eine Investition in die Zukunft und den Klimaschutz darstellt.
Im vierten Panel wurde die Frage diskutiert, ob schwere Lastenräder weiterhin als Fahrräder klassifiziert werden sollten oder ob es eine neue Fahrzeugkategorie braucht. Anke Schäffner vom ZIV Zweirad Industrie Verband ermutigte die Teilnehmenden, sich auch die möglichen Vorteile einer eigenen Fahrzeugkategorie bewusst zu machen. Mit Martin Schmidt von Cyclelogistics CL GmbH war sie sich in der Notwendigkeit einer geeigneten Radinfrastruktur für den Wirtschaftsverkehr mit Fahrrädern einig. Sicherheitsaspekte spielten außerdem eine Rolle bei schweren Lastenrädern, nicht nur auf der Straße selbst, sondern auch in Bezug auf die Ladungssicherung. Andreas Spannaus von allsafe GmbH führte an, dass das Thema Ladungssicherung oftmals unterschätzt werde und demonstrierte rechtliche Aspekte der Lagunssicherung.
Verstopfte Innenstädte, schlechte Luftqualität und begrenzter Platz machen Radlogistik in Innenstädten erforderlich. Daher lautete das Motto der Konferenz: „30 Prozent sind nicht genug!“. Wie wir mehr Lastenräder im gewerblichen und logistischen Bereich auf die Straße bringen können, wurde im Abschlusspanel angeregt diskutiert. Der Vostandsvorsitzende des RLVD, Dr. Tom Assmann, forderte faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Lastenräder. Arne Behrensen von Zukunft Fahrrad e.V. und Andreas Schumann vom Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP) betonten die Bedeutung starker Verbände, die sich in relevanten Gremien und in der Politik engagieren. Kooperation, Zusammenarbeit und eine stärkere Hervorhebung der Vorteile von Lastenrädern spielten laut Diskutant:innen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Als Fazit der aufregenden beiden Tage kann festgehalten werden: Die Branche ist bereit für mehr Radlogistik auf der Straße und blickt mutig und entschlossen auf die kommenden Jahre.