Lastenrad und Bahn: offizielle Regelungen
Einen Ausflug oder in den Urlaub mit dem geliebten Cargobike? Folgende offizielle Regelungen und Tipps gibt es:
Bei der Mitnahme von einem Lastenrad in der Bahn unbedingt die aktuellen Beförderungsbedingungen prüfen, den Vorrang anderer Fahrgäste achten und Stoßzeiten meiden. Gute Fahrt!
Deutschland: offizielle Regelungen
DB-Fernverkehr
In Deutschland hat die Deutsche Bahn AG (DB) im August 2019 die Mitnahme „sogenannter Lastenräder“ im Fernverkehr durch einen neuen Passus in den Beförderungsbedingungen erschwert:
Sogenannte* Lastenräder (Fahrräder oder Pedelecs mit festen Aufbauten für Lasten- und/oder zum Transport von Kindern) sind von der Mitnahme ausgeschlossen.
DB-Beförderungsbedingungen für den Personenverkehr, Abschnitt A8.2. (aktualisierter Stand: 17.07.2023)
*In der seit 22.2.2022 gültigen Version ist das Wort „Sogenannte“ im Rahmen einer „Textschärfung“ gestrichen worden.
Die Formulierung lässt Interpretationsspielraum bei einspurigen kompakten Lastenrädern (insbesondere mit abnehmbarem oder zusammenklappbarem Aufbaut), die problemlos in Haltevorrichtungen der Fahrradabteile passen.
DB-Restriktion widerspricht politischen Vorgaben
Im Nationalen Radverkehrsplan 3.0 der Bundesregierung vom April 2021 heißt es:
„Fahrräder sollen in öffentlichen Verkehrsmitteln grundsätzlich mitgenommen werden können, sofern dies bauartbedingt möglich ist. […] Der Bund setzt sich dafür ein, Fahrradmitnahmemöglichkeiten im Fernverkehr auszubauen. […] Die Deutsche Bahn unterstützt die Fahrradmitnahme in Zügen – auch von Spezialrädern. Dafür baut sie Bahnhöfe barrierefrei aus, insbesondere mit Rampen und Aufzügen.“
Nationaler Radverkehrsplan 3.0, Kapitel Fahrrad & Infrastruktur, S. 42
Sonderfall: orthopädische Hilfsmittel
Die Deutsche Bahn hat einen unverbindlichen Leitfaden für die Mitnahme orthopädischer Hilfsmittel. In Abschnitt 3.4.3 sind dort „Dreiräder, Liegedreiräder, lange Laufräder, große Micro-Bikes, nicht trennbare Hand-Bikes“ aufgeführt, die als orthopädische Hilfsmittel bei Vorliegen eines Schwerbehindertenausweis und ausreichend Platz im Fahrradabteil grundsätzlich mitnehmbar sein sollen.
Restriktionen bei Flixtrain
In den Fernzügen des privaten Bahnanbieters Flixtrain gilt laut Infoseite: „Fahrräder müssen eine Standardgröße ohne Anbauteile haben und dürfen maximal 20 kg wiegen. Tandems oder Fahrräder mit drei Rädern sind nicht erlaubt.“ Auch hier lässt die Formulierung „Standardgröße ohne Anbauteile“ Interpretationsspielraum für die Mitnahme kompakter einspuriger Cargobikes.
Regelungen in Nahverkehrszügen
In Nahverkehrszügen gibt es in Deutschland je nach regionalem Verkehrsverbund unterschiedliche Regelungen für die Fahrradmitnahme. Bei Lastenrädern reichen die Regelungen vom pauschalen Verbot bis zur kostenlosen Mitnahme wenn ausreichen Platz vorhanden ist.
Deutschland – cargobike.jetzt-Tipps
Die folgenden Tipps basieren auf offiziellen Regelungen in Deutschland, praktischen Erfahrungen (siehe z.B. Beiträge im Cargobike-Forum) sowie Gesprächen mit Mitarbeiter:innen der Deutschen Bahn und von Reisebüros. Keine Garantie für die aktuelle Gültigkeit der Angaben! Wir freuen uns über Aktualisierungshinweise per Kontaktformular am Ende der Seite.
Je kompakter, desto einfacher
Kompakte Cargobikes sind eindeutig im Vorteil bei der Mitnahme in der Bahn. Das gilt vor allem für besonders kompakte einspurige Modelle, die kaum länger und breiter als „normale“ Fahrräder sind.
Viele Kompakt-Cargobikes passen ohne Probleme in die Abstellvorrichtungen im Fahrradabteil. Von der Logik her sollten sie unter die im jeweiligen Zug geltenden Konditionen der Fahrradmitnahme und nicht unter restriktivere Sonderkonditionen fallen.
Offiziell im Vorteil
In den offiziellen Beförderungsbedingungen der Bahnunternehmen lassen „Fahrrad“, „Dreirad“, „Fahrradsonderkonstruktionen“, „feste Aufbauten für Lasten- und/oder zum Transport von Kindern“ und ähnlichen Begriffe jedoch Interpretationsspielraum – auch weil meist keine Höchstmaße für mitnahmeberechtigte Fahrräder angegeben werden.
Anders in Nahverkehrszügen in Baden-Württemberg. Hier präzisierte das zuständige Ministerium für Verkehr im Januar 2017 auf Anfrage von cargobike.jetzt:
Unter die Definition von Fahrrädern im Sinne der [neuen] Mitnahmeregelungen fallen auch einspurige Lastenfahrräder, wenn sie nicht länger als 2,0 Meter sind und ein Gesamtgewicht von 40 Kilogramm nicht überschreiten.
Quelle: Schreiben des Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg vom Januar 2017
Damit sind zumindest in Nahverkehrszügen in Baden-Württemberg kürzere Longtails und besonders kurze Longjohns „normalen“ Fahrrädern in der Bahn offiziell gleichgestellt. Auch in anderen regionalen Verkehrsverbünden ist dies teilweise der Fall.
Wo es keine konkrete Obergrenzen für mitnahmeberechtigte Fahrrräder aber ein pauschales Verbot „sogenannter Lastenräder“ (siehe DB-Fernverkehr) gibt, da bleibt Interpretationsspielraum. Fällt ein kompaktes Longjohn Lastenrad mit abnehmbarer oder zusammenklappbarer Ladefläche unter das Mitnahmeverbot oder nicht? Wenn ein solches Rad problemlos in die Haltevorrichtung im Fahrradabteil passt und auch sonst kein Platzproblem entsteht – wieso sollte das Zugpersonal darauf kommen, dass es sich um ein nicht mitnahmeberechtigtes Lastenrad handelt?
Praktisch im Vorteil
Unabhängig von der offiziellen Einstufung als „normales“ Fahrrad oder nicht sind kompakte Cargobikes eindeutig im Vorteil wenn es um die Nutzung von Aufzügen zum Gleis, das Einsteigen in den Zug sowie das Abstellen im Fahrradabteil geht. Dazu mehr in den weiteren Abschnitten.
Mit dem Cargobike zum Gleis
Bahnhöfe sind meist voller Treppen und enger Aufzüge. Der Weg zum Bahnsteig ist nicht immer einfach.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor Reiseantritt über barrierefreien Zugang zu den Gleisen an Start-, Ziel- und Umsteigebahnhöfen erkundigen. Kopfbahnhöfe sind hier von Vorteil.
- Aufzüge können für viele einspurige Cargobikes zu kurz und für manche dreirädrige Cargobikes zu schmal sein. Kompakte und teilbare Cargobikes sind hier von Vorteil. Rolltreppen dürfen mit Fahrrädern offiziell nicht benutzt werden.
- Verbindungen ohne Umsteigen bevorzugen
- Im Ernstfall auf Schleppaktion zum/vom Gleis vorbereitet sein
Im Detail
Ebenerdig erreichbare Bahnsteige sind für die Zugfahrt mit Cargobike der Idealfall. Dies ist bei den meisten Kopfbahnhöfen oder bei kleinen Bahnhöfen mit ebenerdigen Gleisüberquerungen der Fall. In manch anderen Bahnhöfen sind zumindest die äußeren Gleise ebenerdig zu erreichen.
Der Zugang zu höher liegenden Bahnsteigen über Rampen ist ebenfalls sehr komfortabel. Im Vergleich zur Schweiz ist er in Deutschland aber leider sehr selten. Auf dem Portal bahnhof.de gibt es Lagepläne, aus denen sich die Zugangssituation zu den Gleisen am Start-, Ziel- und Umsteigebahnhof erschließen lässt.
Nächstbester Fall sind ausreichend große Aufzüge. Kompakte und teilbare Cargobikes sind hier im Vorteil, weil die Türbreiten für dreirädrige Cargobikes und die Kabinentiefen für einspurige Cargobikes leider oft zu klein sind. Neben dem eigenen Ausmessen von Aufzügen am Heimatbahnhof hilft bei der Reisevorbereitung auch diese Liste mit Abmessungen von Aufzügen an deutschen Bahnhöfen.
Wenn es in der Länge eng wird hilft bei einspurigen Cargobikes manchmal Lenker einschlagen oder Anheben von Vorder- oder Hinterrad. Aber eben nur manchmal. Und wenn die Breite der Aufzugtür bei einem Dreirad nicht ausreicht dann ist meistens nichts zu machen.
Rolltreppen sind leider keine erlaubte Alternative, denn Fahrräder sind auf Rolltreppen generell verboten.
Manchmal führt einfach kein Weg daran vorbei, das Cargobike Treppen hoch oder runter zu tragen. Oft packen spontan Passanten an oder passen kurz auf die Kinder auf. Wer die Lage an einem Start-, Ziel- oder Umsteigebahnhof nicht genau kennt, sollte immer auf eine mögliche Schleppaktion vorbereitet sein. Direkte Verbindungen ohne Umsteigen vermindern das Risiko von Schleppaktionen.
Mit Cargobike im DB-Fernverkehr
Die Situation für Bahn-Reisende mit Lastenrad im Fernverkehr hat sich seit August 2019 offiziell verschlechtert. Aber es bleibt erheblicher Interpretationsspielraum. Mit kompakten einspurigen Lastenrädern kann die Mitnahme problemlos möglich sein.
Im Detail
- Die Fahrradmitnahme in DB-Fernverkehrszügen ist grundsätzlich reservierungspflichtig und nur in den Zügen möglich, in denen es offizielle Fahrradstellplätze gibt. Diese können online gebucht werden. In einigen Zügen des DB-Fernverkehr mit Fahrradstellplätzen gibt es spezielle Tandemstellplätze – Infos und Reservierung ausschließlich über DB-Service-MitarbeiterInnen oder kompetente Reisebüros. Bis Juli 2019 brauchte es für die Mitnahme eines Cargobikes zwei reservierte Tandemstellplätze und zwei Fahrradtickets. Preis je Fahrradticket: auf Inlandsstrecken 9 € (mit Bahncard 6 €), auf internationalen Strecken 10 €.
- Seit dem 1. August 2019 gilt ein neuer Passus in den Beförderungsbedingungen der DB:
„Sogenannte Lastenräder (Fahrräder oder Pedelecs mit festen Aufbauten für Lasten- und/oder zum Transport von Kindern) sind von der Mitnahme ausgeschlossen.“ (Abschnitt A8.2.)
Eine genauere Definition von „festen Aufbauten“ gibt es nicht. Auch maximale Abmessungen werden nicht angegeben. Wo genau die Grenze zwischen einem mitnahmeberechtigten Fahrrad und einem „sogenannten Lastenrad“ liegt bleibt offen. Insbesondere bei einspurigen Kompakt-Cargobikes und wenn Aufbauten abmontierbar sind und das Rad problemlos in die Haltevorrichtungen im Fahrradabteil passt. Denn letzteres ist wohl das Hauptanliegen der DB. Auf der DB-Infoseite zur Fahrradmitnahme heißt es:
„Lastenräder sind von der Mitnahme ausgeschlossen, da die Ständer und/oder Befestigungen im Zug nicht auf diesen Fahrradtyp ausgerichtet sind. “ - In den neuen DB-Beförderungsbedingungen heißt es außerdem:
„Ausnahmsweise können in Zügen der Produktklasse C [Nahverkehrszüge] sowie in besonderen Zügen des Fernverkehrs an den dort für Fahrräder und Pedelecs vorgesehenen Plätzen auch Liegeräder, Tandems sowie Dreiräder mitgenommen werden, sofern im Einzelfall ausreichend Platz vorhanden und die sichere Unterbringung gewährleistet ist.“
Eine weitergehende Definition eines Dreirads gibt es nicht. Die „besonderen Züge des Fernverkehrs“ sind Züge mit offiziellen Tandem-Stellpätzen (siehe oben).
- Wer das eigene Cargobike als mitnahmeberechtigt einstuft sollte sich idealerweise vor der Buchung über die Türbreiten und die Lage des Fahrradabteils des gewünschten Zuges informieren. Mit der Zugnummer können Wagenreihung und Waggontyp und im Anschluss die Türbreite des Waggontyps herausgefunden werden. Handelt es sich um ein Fahrradabteil in einem Steuerwagen vom Typ „Bpmbdzf“ oder „Bim(d)z(f)“ sollte der Eingang 90cm breit und das Fahrradabteil relativ groß sein. Alle Angaben jedoch ohne Gewähr. Außerdem kann es kurzfristig zu Abweichungen bei der tatsächlichen Wagenreihung kommen.
- Wer einen Fernzug mit Stellplatz für ein mitnahmeberechiges Cargobike gebucht hat sollte sich am Gleis rechtzeitig auf zügiges Ein- und Aussteigen vorbereiten und auf Höhenunterschied zwischen Bahnsteig und Waggoninnerem gefasst sein.
- Im Zug das Cargobike stabil und platzsparend abstellen. Durchgänge und Notausgänge freihalten. Bei Platzproblemen kann das Zugpersonal die Mitnahme verweigern.
Mit Cargobike in Nahverkehrszügen
Je nach Verkehrsverbund sind Regeln zur Fahrradmitnahme von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Mitnahme von Fahrrädern und Cargobikes in Regional- und S-Bahnen ist in den Beförderungsbedingungen der regionalen Verkehrsverbünde und von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich geregelt. Die Deutsche Bahn bietet eine Überblicksseite zur Fahrradmitnahme in allen Verkehrsverbünden.
- Wo die Mitnahme von Cargobikes gestattet ist braucht es keine Reservierung. Ticketpreis und ob überhaupt ein Ticket benötigt wird hängt vom Verkehrsverbund ab.
- Die Grundsätze der Fahrradmitnahme sollten bei größeren Cargobikes ganz besonders beachtet werden: Vorrang für Kinderwägen und Rollstühle, Gänge und Türen freihalten, Stoßzeiten unbedingt meiden, keine Mitnahmegarantie in vollen Zügen.
- Türbreiten und Höhendifferenzen sind beim Ein- und Aussteigen seltener ein Problem als im Fernverkehr. Höhendifferenzen können vor allem bei sehr kleinen Bahnhöfen vorkommen. Frühzeitig auf Ein- und Aussteigen vorbereiten.
Im Detail
Die Fahrradmitnahme im Interregio-Express (IRE), im Regional-Express (RE), in der Regionalbahn (RB) und in der S-Bahn ist in den regionalen Verkehrsverbünden ganz unterschiedlich geregelt. Der wichtigste Unterschied zum DB-Fernverkehr: es muss kein Stellplatz reserviert werden.
Das Spektrum der Regelungen reicht vom expliziten Mitnahmeverbot von „Dreirädern“ und „Fahrrädern zum Lastentransport“ in Zügen des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) – wobei hier offen bleibt, ob zweirädriger Kindertransporter ebenfalls ausgeschlossen sind – bis zu einer sehr liberalen Regelung in Nordrhein-Westfalen. Hier trat im April 2014 eine landesweite Vereinheitlichung der Fahrradmitnahme im Nahverkehr in Kraft. In den Beförderungsbedingungen Nahverkehr NRW heißt es seitdem:
Ein Fahrrad ist ein mit Muskelkraft betriebenes Radfahrzeug. Gleichgestellt sind sowohl versicherungsfreie als auch versicherungspflichtige „schnelle“ Radfahrzeuge mit elektrischer Tretunterstützung (sogenannte Pedelecs und E-Bikes).
Nur in Straßenbahnen und U-Bahnen sind in NRW „Konstruktionen, deren Abmessungen das übliche Fahrradmaß überschreiten (z. B. Tandems, Liegeräder, Dreiräder)“ von der Mitnahme explizit ausgeschlossen. In Regional- und S-Bahnen entscheiden dagegen allein der vorhandene Platz und mögliche Ausschlusszeiten über die Mitnahme aller Fahrradtypen.
Auch in Baden-Württemberg gilt seit 2017 eine landesweit einheitliche liberale Regelung zur Fahrradmitnahme in Nahverkehrszügen. Der für Cargobikes relevante Passus aus der Pressemitteilung dazu:
Gleichzeitig wird auch die Definition der mitnahmeberechtigten Fahrräder nach und nach einheitlich gestaltet. Als Fahrräder gelten zukünftig neben dem klassischen Fahrrad auch Pedelecs und E-Bikes mit Pedalen. Bei ausreichenden Platzverhältnissen können auch Tandems, Fahrradanhänger oder Fahrradsonderkonstruktionen (zum Beispiel Liegeräder, Dreiräder) kostenlos mitgenommen werden. Diese Regelungen haben noch nicht alle Verkehrsverbünde übernommen. FahrradfahrerInnen mit Sonderkonstruktionen und E-Bikes sollten sich daher sicherheitshalber vor Fahrtantritt über die Regelungen im jeweiligen Verbund erkundigen.
Weitere Details erhielt cargobike.jetzt im Januar 2017 in dem bereits oben zitierten Schreiben des Ministeriums für Verkehr. Demnach gilt bei der Fahrradmitnahme in BaWü für „normale“ Fahrräder eine maximale Länge von 2 Meter und ein maximales Gewicht von 40 Kilogramm. So manches kompakte Cargobike liegt darunter.
Zu allen regionalen Verkehrsverbünde und ihren Beförderungsbedingungen gelangt man über die DB-Seite Fahrradmitnahme im Nahverkehr.
Wie die regionalen Beförderungsbedingungen sind auch die Fahrradabteile in Zügen des Nahverkehr sehr unterschiedlich. Nicht bei allen Fahrradabteilen erlauben Zugang und Größe die Mitnahme aller relevanten Cargobike-Modelle. Doch oft gibt es in Nahverkehrszügen auch breite Doppeltüren mit fast ebenerdigem Einstieg und größeren Fahrradabteilen. Manchmal lässt sich sogar mit Kindern an Bord in den Zug rein- und rausrollen. Doch verallgemeinern lässt sich das nicht. Im Eingangsbereich können auch mittig aufgestellte Metallbügel oder -stangen zum überraschenden Hindernis werden. Deswegen bei passender Gelegenheit vor Reiseantritt mal Türbreiten, Höhendifferenzen und Größe der Fahrradabteile prüfen und im Zweifelsfall beim Ein- und Aussteigen auf alles vorbereitet sein.
Für Cargobikes gelten die Grundsätze der Fahrradmitnahme ganz besonders:
- Nur für die Fahrradmitnahme ausgewiesenen Flächen nutzen, platzsparend abstellen und Durchgänge und Türen freihalten
- Vorrang für Kinderwägen und Rollstühle
- Stoßzeiten unbedingt meiden
- keine Mitnahmegarantie, im Einzelfall entscheidet das Zugpersonal ob die Mitnahme möglich ist
Der ADFC und die DB in Bayern haben diese Grundsätze in gemeinsamen Hinweisen zur Fahrradmitnahme auf einer Seite zusammengefasst. Das baden-württembergische Ministerium für Verkehr schrieb cargobike.jetzt in einer Email:
Wir möchten Sie jedoch vorab darauf hinweisen, dass sich [die Mitnahmemöglichkeit] ändern kann insbesondere wenn die Mitnahme von Cargobikes zu Betriebsbeeinträchtigungen führt. Bitte weisen Sie [darauf] in Ihren Bekanntmachungen hin.
Erfahrungsberichte: Bahnfahren mit Cargobike
Je uneindeutiger offizielle Informationen desto wichtiger werden Erfahrungsberichte und Online-Foren.
Cargobike-Forum
Im Cargobike-Forum findet ein offener Austausch über alle möglichen Themen aus dem Cargobike-Alltag statt. Auch zum Thema Bahnmitnahme gibt es zahlreiche Diskussionsbeiträge, Reiseberichte und Fotos.
Zu zweit von Münster bis Augsburg
Simon Chrobak vom Blog pedalkultur ist im Juli 2018 mit einem Freund und zwei LongJohn-Cargobikes in der Bahn von Münster nach Augsburg gefahren. Hier das Fazit aus seinem lesenswerten Erfahrungsbericht „Bahnfahren mit Lastenrad – eine Abenteuergeschichte“.
Schlussendlich kann ich sagen, dass diese Reise deutlich stressfreier verlief als gedacht, vielleicht auch weil wir mit dem Schlimmsten gerechnet haben (Rausschmiss aus dem Zug nach der ersten Station). Dass es so gut funktioniert hat, lag dabei im Wesentlichen daran, dass wir uns mit den leidgeplagten anderen Radfahrenden gut verstanden und arrangiert haben, selbst wenig Ansprüche an unseren eigenen Reisekomfort hatten und mit sehr pflegeleichten Lastenrädern und wenig Gepäck unterwegs waren. Außerdem war uns das Zugpersonal jeweils freundlich gesonnen und wir waren ohne großen Zeitdruck sowie außerdem flexibel unterwegs.
Wer mit einem schwereren oder sogar mehrspurigen Rad auf Reise gehen will, möglicherweise Familie (mit Kindern) und Gepäck für mehr als zwei Tage dabei hat, wird vor deutlich größeren Problemen stehen.
Diese Reise hat mir gezeigt, dass es nicht mal ein Lastenrad braucht, um die Deutsche Bahn im Fernverkehr an ihre Kapazitätsgrenzen zu bringen. Ein- und Ausstieg, Türbreiten, Stellflächen, Halterungen, Organisation, Ticketbuchung und Reservierung: Das sind alles Dinge, die meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäß behandelt werden und wo in naher Zukunft dringender Handlungsbedarf besteht. Wer Menschen dazu bringen möchte, auch für längere Reisen oder für den Weg in den Urlaub, das Auto stehen zu lassen, der muss erheblich mehr für einen reibungslosen Transport von Fahrrädern tun. Und zwar im Idealfall so, dass beispielsweise auch eine Familie mit Kindern und Gepäck problemlos und komfortabel mit Lastenrad in den Urlaub fahren kann. Autozüge gibt es ja auch (wenn auch teilweise echt absurd), wieso sollte sowas dann nicht auch für Autoersatz funktionieren?
Im Regionalverkehr war das alles übrigens super einfach und vollkommen unkompliziert.
Komplikationen beim Familienurlaub
Jan Steinberg vom Bakfietsblog hat im Familienurlaub 2016 negative Erfahrungen bei der Mitnahme eines größeren LongJohns in der Bahn gemacht. Der Titel seines Erfahrungsberichts „Von der Unmöglichkeit, ein Lastenrad in der Bahn mitzunehmen“ ist zwar überspitzt. Der Bericht zeigt aber sehr eindrücklich, welch unerwarteten Herausforderungen auftauchen können.
Alternativen zur Mitnahme in der Bahn
Wenn die Mitnahme eines Cargobikes nicht möglich ist oder zu anstrengend erscheint:
Cargobikes mit DB-Gepäckservice verschicken
Bei Fernreisen innerhalb Deutschlands und nach Österreich kann für einspurige Cargobikes die Aufgabe als Gepäckstück bei der Deutschen Bahn eine Alternative sein. Für Fahrräder kostet der Service 29,90 Euro. Jedoch: Laut FAQ des DB-Gepäckservice (-> “Was darf ich mit DB Gepäckservice versenden?”) sind ausgeschlossen: „Fahrräder mit Hilfsmotor, Tandems, Liegefahrräder, Dreiräder“. Zudem gilt ein Maximalgewicht von 31,5 Kilogramm und eine Maximallänge von 200 cm.
Es scheint gute Erfahrungen mit der Versendung nicht allzugroßer einspuriger Cargobikes in möglichst kompakten Kartons mit ausgebautem Vorder- und Hinterrad zu geben. Ein Abholtermin gegen Mittag soll dabei hilfreich sein – dann ist der Hermes-Transporter meist nicht mehr bzw. noch nicht ganz so voll.
Bei der Aufgabe eines Cargobikes als Gepäckstück bleibt natürlich die Frage: Wie komme ich mit meinem Reisegepäck bei Reiseantritt zum Bahnhof und am Ziel von dort zur Unterkunft?
Cargobike-Sharing-Angebote nutzen
Die noch bessere Alternative zur Cargobike-Mitnahme ist der gezielte Ausbau von Cargobike Sharing-Systemen an Bahnhöfen – gerade auch in touristischen Gebieten.
Auch die Deutsche Bahn bietet inzwischen eCargobikes in ihren Call a Bike Fahrradverleihsystemen in Hamburg und Stuttgart an. Die Städteliste Cargobike-Sharing zeigt, in welchen über 100 Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz komfortables Lastenrad-Mieten bereits möglich ist. Leseempfehlung: Städteurlaub mit Kids und Cargobike Sharing in Innsbruck.
Österreich
In Österreich gelten für die Fahrradmitnahme in Nah- und Fernverkehrszügen der ÖBB maximale Abmessungen und eine Gewichtsbegrenzung, die auch die meisten kompakteren Lastenräder ausschließt:
Bitte beachten Sie, dass wir Fahrräder nur bis zu folgenden Abmessungen mitnehmen können: Fahrradlänge 185 cm • Fahrradhöhe 110 cm • Fahrradbreite 60 cm • Raddurchmesser 28 Zoll (74 cm) • Reifenbreite 4,2 cm • Maximalgewicht 30 kg.
ÖBB-Infobroschüre „Mit dem Fahrrad unterwegs“, S. 3
Ausnahmen gibt es nur im Fernverkehr in bestimmten Intercity-, Eurocity- und EuroNight-Zügen, die mit einem speziellen Gepäckabteil ausgestattet sind. Hier können nach Reservierung per Telefon oder am Schalter auch Lastenräder mit größeren Abmessungen offiziell mitgenommen werden.
In Nahverkehrszügen werden Lastenräder laut einzelner Erfahrungsberichte trotz offiziellem Mitnahmeverbot teilweise unkommentiert toleriert.
Schweiz
In der Schweiz gilt in Zügen der SBB seit 2016 eine Längenbeschränkung von 2 Metern:
Tandems, Liegevelos, Dreiräder, Lastenvelos und weitere Velos über 2 Meter Länge können bei der SBB nur in den Zugskategorien RE, S und R befördert werden. […]
SBB-Infoseite Velotransport im Zug
Velotypen, die nicht in die normalen Aufhängevorrichtungen passen oder länger als 2 Meter sind, gelten als Spezialvelos. Für diese benötigen Sie 2 Fahrausweise (oder einen Velo-Pass).
In Nahverkehrszügen können Cargobikes also grundsätzlich mitgenommen werden. In Fernverkehrszügen nur einspurige Modelle bis maximal 2 Meter Länge. Der Veloversand der SBB bietet teilweise eine Alternative für „Spezialvelos“ bis 2,40 Meter Länge, 0,9 Meter Breite und 25 kg Gewicht.
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