Fahrradstadt Düsseldorf? Nicht ohne Cargobikes!

Düsseldorf will „Radfahren auf ein neues Level heben“. Dafür gab es beim Düsseldorfer Fahrradkongress auch Empfehlungen zur Cargobike-Förderung.

Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) blickte am 15. Mai beim ersten Düsseldorfer Fahrradkongress einleitend zurück auf den 8. November 1999. Sein frisch gewählter Amtsvorvorgänger Joachim Erwin (CDU) löste damals ein zentrales Wahlversprechen ein und entfernte eigenhändig einen Radweg. Düsseldorf ist Autostadt! Doch langsam wächst die Einsicht, dass es so nicht weitergehen kann – auch dank der erfolgreichen Klage der Deutschen Umwelthilfe zur Einführung von Diesel-Fahrverboten.

OB Geisel bekräftigte nun beim Fahrradkongress, dass er das Fahrrad zum „Verkehrsmittel der Wahl“ in Düsseldorf machen will. Dafür wurde bereits der Start der Tour de France 2017 nach Düsseldorf geholt, die städtische Kommunikationskampagne RADschlag gestartet und die international renommierten Gehl Architects aus Kopenhagen als Berater angeheuert.

Im Programm des Düsseldorfer Fahrradkongress waren neben Andreas Røhl von Gehl Architects auch weitere externe Referenten für „einen Blick über den Tellerrand“ eingeladen: Die Bicicli Holding GmbH und Changing Cities e.V. aus Berlin, der Blogger Martin Randelhoff (Zukunft Mobilität) und cargobike.jetzt.

Über die Veranstaltung selbst mögen deswegen andere berichten. Sehr gerne aber dokumentiere ich unten die fünf Empfehlungen zur Cargobike-Förderung von Schicke Mütze an die Stadt Düsseldorf. Schicke Mütze sind die Gründer des Düsseldorfer Freien Lastenrads Schicke Minna. Der ADFC Düsseldorf hat 2017 ein zweites Cargobike in die Initiative eingebracht: die Schicke Ulla . Die Schicke Mütze empfielt der Stadt unter anderem, die Ausweitung des Angebots von zwei auf zehn Cargobikes zu unterstützen und 100 Cargobikes in das öffentliche Fahrradverleihsystem einzubinden.

Auf einen Aspekt, der mehrere Empfehlungen der Schicken Mütze berührt möchte ich noch hinweisen: Das Anfang 2018 vorgelegte Handlungskonzept Elektromobilität Düsseldorfs ist leider ein Fehlschlag wenn es darum geht, die großen Potentiale von Pedelecs und eCargobikes bei privaten und gewerblichen Verkehren zu erschließen. Zwar ist auf der Titelseite auch ein eCargobike abgebildet. Aber Pedelecs und eCargobikes spielen bei den vorgesehenen Maßnahmen nur eine äußerst untergeordnete Rolle. Einziges kleines Trostpflaser in Sachen Cargobikes:  In der Überarbeitung von November 2017 wurde der Projekttitel „Konzeptentwicklung CO2-freier Lieferverkehr“ immerhin um den Zusatz „mit Nutzfahrzeugen und Lastenrädern“ ergänzt und die Frist für die Konzeptentwicklung von Ende 2020 auf Ende 2018 vorverlegt.

Auch auf der Straße konnte ich mir ein Bild von der Größe der Herausforderung machen, in der Autostadt Düsseldorf das Fahrrad „zum Verlehrsmittel der Wahl“ zu machen. Besonders anschaulich wird das in der teuren Einlaufsmeile KÖ (Königsallee). Die Verkehrsinfrastruktur der Stadt wurde anscheinend jahrzehntelang darauf ausgerichtet, kaufkräftiger Kundschaft aus Stadt und Umland das komfortable Erreichen der Innenstadt mit dem Auto und das massenweise Parken vor den Luxusgeschäften der KÖ zu ermöglichen.

Trotz der eindeutigen Bekenntnisse des Oberbürgermeisters und der Planungsdezernetin Cornelia Zuschke zum Radverkehr ist in Gesprächen in der Düsseldorfer Fahrrad-Community ein ziemlicher Frust über die Verwaltung der Landeshauptstadt zu spüren. Der Verwaltung scheint es bisher wenig zu gelingen, das kreative Potential, die Erfahrung und die Energie der Düsseldorfer Fahrradcommunity einzubinden in eine gemeinsame Arbeit zur Transformation der Autostadt Düsseldorf. Vielleicht ein Thema für den nächsten Düsseldorfer Fahrradkongress? Die Kommunalwahl in Düsseldorf steht jedenfalls 2020 an und RadfahrerInnen sollen ja auch WählerInnen sein. Ob der/die nächste OB nach der Wahl wohl eigenhändig Autoparkplätze auf der KÖ schleifen wird und eine Fahrradstraße einrichtet? Bitte rechtzeitig die Schicke Minna zum Transport der Farbeimer buchen!

 

Dokumentation: Fahrradstadt Düsseldorf?
Geht nicht ohne Lastenräder!

[ Flyer von Schicke Mütze, den Gründern des Freien Lastenrads Schicke Minna – verbreitet beim Düsseldorfer Fahrradkongress am 15. Mai 2018. Bildauswahl entspricht nicht dem Original.]

Considering that half of all passenger car trips made in most European cities are shorter than five kilometres and that more than half of all motorized cargo trips in EU cities could be shifted to bicycles, there is significant potential to increase cycling’s mode share and to improve quality of life.

(Declaration on Cycling as a climate friendly Transport Mode der EU-Verkehrsminister vom Oktober 2015)

Das Lastenrad verändert das Gesicht der Stadt

Teilen statt besitzen

Man muss nicht alles besitzen, um es nutzen zu können. BikeSharing-Möglichkeiten gibt es viele.

Was kann die Stadt tun?

  • Ausweitung des bestehenden Angebots „Schicke Minna“ von zwei auf zehn Lastenräder, die nach dem Prinzip der Freien Lastenräder tageweise umsonst an Host-Stationen ausgeliehen werden können, ggf. Einbindung der Radstationen und städtischer Einrichtungen als Hosts.
  • Integration von 100 Lastenrädern bei nextbike

Hindernisse überwinden

Ein Lastenrad kostet eine ganze Menge Geld, besonders wenn es elektrisch unterstützt wird.

Was kann die Stadt tun?

  • Bis zu 50 Prozent Zuschuss beim Kauf eines privaten oder gewerblichen Lastenrads oder Lastenanhängers unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. gleichzeitige dauerhafte Abmeldung von min. 2 Jahren eines Kraftfahrzeugs oder bei NeubürgerInnen Verzicht auf die Anmeldung eines Autos für min. 2 Jahre.
  • Bis zu 25 Prozent Zuschuss für alle anderen privaten und gewerblichen KäuferInnen von Lastenrädern oder Lastenanhängern.

Für Logistik geschaffen

Intelligente City-Logistik-Konzepte vermeiden Lieferverkehr, sind intermodal und lokal.

Was kann die Stadt tun?

  • Zeitliche und räumliche Ausweitung von Zustellmöglichkeiten per Fahrrad bei gleichzeitiger Einschränkung für motorisierten Lieferverkehr und Wahrung der Sicherheit von FußgängerInnen.
  • Dialog mit Empfängern (Handwerk, Handel, Gewerbe etc.) und den Zustellunternehmen zwecks Planung von Verteilzentren in Stadtrandlage und innerstädtischen Mikrodepots als logistische Voraussetzung für die effiziente Verlagerung von Lieferverkehr auf Lastenräder.
  • Förderung von Konzepten lokaler Logistikspezialisten wie ABC-Logistik.

Ein Fahrrad, aber doch ganz anders

Lastenräder fahren sich anders, man muss sich daran gewöhnen und im Alltag testen.

Was kann die Stadt tun?

  • Bereitstellung eines Testpools von zehn Lastenrädern und Lastenanhängern, die gewerbliche und private NutzerInnen monatsweise testen können.

Weg frei in die Zukunft

Was für Fahrräder im Allgemeinen gilt, gilt für Lastenräder ganz besonders. Fahrräder brauchen Platz. Will man weniger Autos und dafür mehr Radverkehr in der Stadt, müssen Flächen neu verteilt werden. Lastenräder sind meist breiter als normale Fahrräder und haben einen größeren Wendekreis. Die Entscheidung für oder gegen ein Lastenfahrrad wird in Familien sehr häufig davon abhängig gemacht, wie sicher man sich mit dem Rad im Stadtverkehr bewegen kann.

Was kann die Stadt tun?

  • Das geplante Radwegenetz zügig umsetzen, und zwar so, dass auf den Radwegen auch Lastenräder überholen und überholt werden können.
  • Jeden neuen Planungs- und Umsetzungsschritt auf die Kompatibilität mit Lastenrädern prüfen.
  • Akute Gefahrenstellen, Engstellen und Hindernisse unverzüglich beseitigen.
  • Abstell- und Unterstellmöglichkeiten an Wohnstandorten und stark frequentierten öffentlichen Räumen (z. B. bewachtes Radparkhaus in der Altstadt) schaffen.
  • Zwischenlösungen schaffen (siehe Friedrichstraße)
  • Akzeptanz bei Autofahrern schaffen (siehe aktuelle radschlag-Kampagne)

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