In Brüssel sind „EU guidelines on Urban Logistics“ geplant. Die European Cylists‘ Federation (ECF) will mit einem neuen Bericht Logistik mit Fahrrädern – kurz: Cyclelogistics – in der EU-Politik verankern.
Die zwölfseitigen „Recommendations on Cyclelogistics for Cities“ erschienen am 27. Januar 2015 auf der ECF-webpage. ECF-Generalsekretär Bernhard Ensink umtreißt im Vorwort den Kontext:
„Air and noise pollution, traffic congestion, and the risk and danger associated with too many trucks in the city centres: all of these can be significantly improved with cyclelogistics solutions. Cities can save money by replacing motor vehicles with bikes, trikes and cargobikes, with electric support where neeeded. The benefits for companies include savings in cost and time and increased productivity.“
Mit einer Reihe von Praxisbeispielen aus ganz Europa zeigt der Bericht, wie Städte den Einsatz von Cargobikes im städtischen Wirtschaftsverkehr erfolgreich fördern können. Unterteilt sind die Beispiele in die Unterpunkte kommunale Fuhrparks, kommunale Vergabepolitik, Anreize für Unternehmen, Zufahrtsbeschränkungen für KFZ und Infrastruktur für benötigte Mikrodepots. Erstmalig existiert damit ein anschaulicher und systematisierter Überblick über Cyclelogistics-Fördermaßnahmen in europäischen Städten.
Aus Deutschland stellt der Bericht folgende vier Beispiele vor: Im Kapitel zu Mikrodepots das erfolgreiche Modellprojekt von UPS und Hamburger Senat in der Paketzustellung und den temporären Berliner Bento-Box-Modellversuch (2011/2012) zur Bündelung von Kuriersendungen. Ins Kapitel zu Anreizen für Unternehmen haben es der Münchener Modellversuch mit Gewerbetreibenden (2014/2015) und die Münchener Kaupfrämie für gewerbliche eCargobikes geschafft.
Ein weiteres Kapitel der ECF-Publikation weist darauf hin, dass natürlich auch eine gute allgemeine Radverkehrsförderung ein wichtiger Beitrag zur Förderung von Cargobikes im Wirtschaftsverkehr ist. Abschließend gibt der ECF folgende sechs Empfehlungen für Städte:
Lobbyarbeit für Cyclelogistics in Brüssel kommt an
Trotz dieses starken Fokus auf Städte zielen Inhalt und Zeitpunkt der Publikation eigentlich auf die EU-Ebene. In der online-Meldung zum Erscheinen des Berichts heißt es:
„The new recommendations this report provides are aimed to be included in the upcoming EU guidelines on Urban Logistics, a process the European Commission started at the end of 2015.“
Diese „non-binding guidelines“ werden sich an einem viel zitierten Ziel des EU White Paper on Transport von 2011 messen lassen müssen: einer „im wesentlichen CO2-freien Stadtlogistik in größeren städtischen Zentren bis 2030“. Ohne grundlegende Änderungen bzw. Innovationen wird das nicht zu erreichen sein. Das Europäische Parlament hat in einer Resolution im September 2015 bereits die EU Kommission und die Mitgliedsstaaten aufgefordert
„to explore the potential and support the deployment of tube freight transportation and cycle logistics as promising concepts for a sustainable transport system“.
Die Verkehrsminister der Mitgliedsstaaten legten bei ihrem Luxemburger Treffen im Oktober 2015 in Sachen Cyclelogistics nach. Ihre „Declaration on Cycling as a climate friendly Transport Mode“ stellt fest:
„more than half of all motorized cargo trips in EU cities could be shifted to bicycles“.
Eine erklärende Fußnote fügt hinzu:
„Assumption of the CycleLogistics study (EU funded): bikes or cargo-bikes can be used for private or commercial logistic trips carrying more than a handbag and less than 200kg on distances under 7km.“
Das Thema Cyclelogistics ist also 2015 in wichtigen verkehrspolitischen Erklärungen auf europäischer Ebene angekommen. Im November 2015 hatte der ECF schließlich Vertreter von Unternehmen, EU-Institutionen und Europaparlament zu einem gut besuchten „European Round Table on Cyclelogistics“ [link] eingeladen. Der jetzt erschienene ECF-Bericht ist die Fortsetzung dieser Brüsseler Lobbyarbeit. Drücken wir die Daumen, dass folgende Empfehlungen des Berichts an die EU bald auch konkrete Politik werden:
Beim letzten Forderungspunkt ist die Bundesregierung dem ECF bzw. der EU bereits zuvorgekommen. Der neue Aktionsplan Güterverkehr und Logistik der Bundesregierung vom Dezember 2015 bekennt sich im Kapitel zu städtischer Logistik auch zur Förderung von Cargobikes. Jetzt kommt es allerdings auf konkrete politische Maßnahmen an – und da ist auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene noch viel zu tun!
Redaktionelle Anmerkung: Als einer von mehreren externen Experten hatte ich Gelegenheit, input für den ECF-Bericht zu liefern. Dafür konnte ich u.a. zurückgreifen auf „Tipps für Kommunen“ und „good practice examples“, die ich in den VCD-Projekten „Lasten auf die Räder!“ und „European Biking Cities“ erstellt hatte.