Niedersachsen hat eine Lastenrad-Förderung mit besonderem Fokus auf Sharing-Konzepte angekündigt. Im Saarland ist eine Kaufprämie für private Cargobikes im Gespräch.
Bei der digitalen Fachtagung „Fahrradland Niedersachsen/Bremen“ hat Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) zusätzliche Fördermaßnahmen für den Radverkehr in Niedersachsen angekündigt. Darunter ein „Förderprogramm für Lastenräder“ im Umfang von fünf Million Euro. In seiner Videobotschaft zum Abschluss der AGFK-Veranstaltung am 2. Oktober 2020 erklärte Althusmann:
Von der Förderung werden auch Lastenrad Sharing-Konzepte profitieren. Lastenräder sollen so noch ein Stück weit bekannter werden. Das Ziel muss es sein, dass der Transport von Lasten mit einem Cargobike zu einer Selbstverständlichkeit wird.
Fokus auf Cargobike-Sharing in Niedersachsen
Auf Anfrage von cargobike.jetzt teilte der Pressesprecher des niedersächsischen Verkehrsministeriums am 16. Oktober per Email weitere Einzelheiten mit:
Die Veröffentlichung einer Förderrichtlinie ist für Januar 2021 vorgesehen. Ziel der Förderung von Cargobikes ist es, die Zahl von Lastenrädern in Niedersachsen zu erhöhen und damit auch einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung zu leisten. Beim Fahrradfahren besteht nahezu kein Risiko, sich mit Viren zu infizieren – das Fahrrad zählt unter Aspekten des Infektionsschutzes zu den sicheren Fahrzeugen. Die Ausweitung des Radverkehrs auf den Transport von Lasten ist ein positiver Nebeneffekt. Insbesondere durch den Aufbau von Cargobike-Sharing-Systemen soll möglichst vielen Menschen der Zugang zu Lastenrädern ermöglicht werden.
Mit diesem Fokus auf Cargobike Sharing knüpft Niedersachsen an die jüngste Cargobike-Förderung in Bayern an. Dort lief inzwischen ein Landesprojekt zum Aufbau eines Lastenrad-Mietsystems in acht Modellkommunen an.
Cargobike-Kaufprämie im Saarland im Gespräch
Im saarländischen Verkehrsministerium ist dagegen eine Kaufprämie für private Cargobikes im Gespräch – wie zuletzt Kaufprämien-Überblick. Die Saarbrücker Zeitung berichtete am 12. Oktober 2020:
In den kommenden Wochen sollen, so eine Sprecherin, weitere Förderprogramme für den Radverkehr aufgelegt werden. Dabei solle unter anderem „ein Augenmerk auf die mögliche Förderung von Lastenrädern für Privatpersonen“ gelegt werden.
Bislang können über die Richtlinie zur Förderung regionaler Klimaschutzprojekte und der Elektro-Fahrrad-Mobilität (Emob) lediglich Kommunen, Schulen und Betriebe in mehrheitlich kommunaler Trägerschaft einen Zuschuss für die Anschaffung von (Lasten-)Pedelecs beantragen. Von 2018 bis 2020 wurden über die Förderrichtlinie des Landes 45 Pedelecs, acht Lasten-Pedelecs und zwei E-Roller im Saarland gefördert.
Die bisherige Lastenrad-Kaufprämie im Saarland ist mit acht geförderten eCargobikes in drei Jahren wohl grandios gescheitert. Bei einer Öffnung der Förderung für private Cargobikes ist wie in anderen Bundesländern und vielen Kommunen mit einem deutlich größerem Interesse oder gar einem massiven Ansturm zu rechnen.
Eine zumindest ergänzende Förderung von Cargobike Sharing im Saarland wäre jedoch eine Frage sowohl der sozialen Gerechtigkeit als auch der Fördereffizienz. Denn trotz Kaufprämie werden nicht alle Cargobike-Interessierten ein eigenes Cargobike kaufen können oder wollen. Cargobike Sharing dagegen ermöglicht viel mehr Menschen Zugang zu Cargobikes – kostengünstig, just in time und ohne Stellplatzsorgen.
Kommt hinzu: Auf der bundesweiten cargobike.jetzt-Städteliste mit Sharing-Angeboten ist das Saarland mit keinem einzigen Angebot absolutes Schlusslicht unter den Bundesländern.
Cargobike-Förderung im Autoland Niedersachsen
Der niedersächsische Landtag hatte das Sonderprogramm Lastenräder bereits im Juli mit dem 2. Nachtragshaushalt für 2020 beschlossen. Es ist Teil des 1,9 Milliarden schweren Konjunkturpaket „zur Stabilisierung der Wirtschaft, zum Ausbau der Digitalisierung und zur ökologischen Erneuerung des Landes“.
Von dem Gesamtprogramm gehen allerdings nur ganze 20 Mio. Euro in das „Rad- und Radwegesonderprogramm (inklusive Förderung E-Bikes und E-Lastenräder)“. Deutlich mehr Geld fließt in Bereiche, von denen vor allem die Autoindustrie profitieren dürfte: 40 Millionen Euro gehen in den Posten „Elektromobilität, Ladesäulen“ und ein vielfaches geht mit 410 Millionen Euro in „Niedrigschwellige Investitions- und Innovationshilfen für KMU (einschließlich Automobilzulieferer)“.
Soviel – bei aller Freude über die angekündigte Cargobike-Förderung – zu den klima- und verkehrspolitischen Prioritäten im Autoland Niedersachsen. Bis zur Verkehrswende ist noch ein weiter Weg!
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung des Projektes CityChangerCargoBike. Das Projekt wurde mit Mitteln aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Fördervereinbarung Nr. 769086 finanziert.