Das Bundesumweltministerium setzt beim Klimaschutz gezielt auch auf Cargobikes. Staatssekretär Jochen Flasbarth erklärt, warum und wie. Damit startet das neue cargobike.jetzt-Format „Drei Fragen an …“
cargobike.jetzt: Herr Flasbarth, der neue Wettbewerb „Klimaschutz im Radverkehr“ des Bundesumweltministeriums benennt vier Handlungsfelder zur Förderung der Radverkehrs. Eines dieser Felder heißt „fahrradbasierte Transportdienstleistungen und Logistik“. Als Bespiele für förderfähige Projekte werden Verleihsysteme für Cargobikes und urbane Logistikkonzepte mit Mikrodepots genannt. Wie kam es zu dieser Schwerpunktsetzung und welche Rolle spielten dabei die vom Bundesumweltministerium geförderten Projekte „Ich ersetze ein Auto“ (2012-2014) und „Lasten auf die Räder!“ (2013/2014)?
Jochen Flasbarth: Mit dem Wettbewerb setzen wir einen Teil des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 um, das die Bundesregierung seit 2014 verfolgt. Das Programm ist dazu da, die CO2-Emissionen in Deutschland kontinuierlich zu verringern und damit unsere Klimaziele zu erreichen: Bis 2020 will Deutschland seinen Treibhausgasausstoß gegenüber 1990 um 40 Prozent reduzieren. Dazu müssen gerade auch im Verkehrsbereich die Emissionen sinken. Das ist bisher kaum der Fall. Wer zu Fuß geht oder Rad fährt, anstatt mit dem Auto, vermeidet eine Menge an CO2-Emissionen. Nehmen wir ein durchschnittliches Arbeitsjahr: Wer werktags je fünf Kilometer mit dem Rad zur Arbeit hin und zurück fährt, anstatt das Auto zu benutzen, verursacht im Jahr rund 350 kg weniger CO2. Wenn wir den Anteil des Radverkehrs insgesamt verdoppeln würden, könnten wir rund fünf Millionen Tonnen CO2 zusätzlich pro Jahr einsparen.
Dafür brauchen wir eine wesentlich bessere Infrastruktur für Räder, E-Bikes und Lastenräder: also zum Beispiel mehr Radwege und Fahrradstraßen, sichere Stellplätze sowie Ladestationen und Lastenradverleihe.
Genau das fördern wir jetzt mit dem Bundeswettbewerb „Klimaschutz im Radverkehr“. Die bisherigen Projekte „Ich ersetze ein Auto“ und „Lasten auf die Räder!“ haben dafür Pate gestanden. Wir wussten dadurch einfach, wo es an Förderung fehlt und was zum Beispiel bei Lastenfahrrädern heute technisch möglich ist.
cargobike.jetzt: „Klimaschutz im Radverkehr“ soll modellhafte Projekte fördern, die als Vorbilder zur Nachahmung in der Breite dienen. Plant Ihr Ministerium, das Handlungsfeld „fahrradbasierte Transportdienstleistungen und Logistik“ sowie entsprechende Modellprojekte gezielt öffentlich zu präsentieren, um den gewünschten Nachahmereffekt zu erreichen? Bekommen wir 2017 zum 200. Geburtstag des Fahrrads in Mannheim schon erste Modellprojekte präsentiert?
Jochen Flasbarth: So ein Wettbewerb ist ja dann erst richtig erfolgreich, wenn die Förderprojekte schnell Nachahmer finden. Besonders interessante Projekte werden wir daher auch extra bewerben. Bei größeren Maßnahmen wie Fahrradstraßen muss die Bevölkerung auch beteiligt werden. Dann erzielen wir ohnehin eine größere Aufmerksamkeit. Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr in Mannheim dann schon das ein oder andere Projekt präsentieren können. Wir werden bei dem Radjubiläum in Mannheim auf jeden Fall dabei sein.
cargobike.jetzt: Das Bundesumweltministerium setzt sich für eine Kaufprämie für E-Autos ein. Wäre es umweltpolitisch nicht sinnvoll, bei der Elektromobilitätsförderung viel stärker über das Auto hinaus zu denken und innovative kleinere Fahrzeugtypen wie das eCargobike intensiver zu fördern? Was könnten dafür geeignete Instrumente des Bundes sein?
Jochen Flasbarth: Wir denken bei der Förderung der Elektromobilität deutlich über das Auto hinaus. Der Anteil von Elektroantrieben muss nicht nur bei PKW, sondern auch bei LKW und im ÖPNV zunehmen. Bei Rädern eröffnet der Elektroantrieb ganz neue Möglichkeiten, wie Elektro-Lasträder ja zeigen. Diese haben wir auch bereits gefördert, z.B. über die Nationale Klimaschutzinitiative mit dem Projekt „Ich ersetze ein Auto“. Jetzt sind weitere solche Vorhaben geplant. Anders als bei Elektroautos sind im Fahrradbereich viele „Fahrzeuge“ schon heute preislich konkurrenzfähig. Es geht bei den Cargo- oder Lastenbikes eher darum, gute Beispiele bekannter zu machen und die Infrastruktur für den Einsatz von Farrädern zu fördern, Stichwort Verladestationen. Das machen wir ja gerade mit Bundeswettbewerb „Klimaschutz im Radverkehr.“
Zur Person:
Jochen Flasbarth (54) ist seit Ende 2013 Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Zuvor war er unter anderem Präsident des Umweltbundesamts, hauptamtlicher Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V. und Gründungsvorstandsmitglied des Verkehrsclub Deutschland (VCD).